Das Blogloch
„Jaul, Maunz, Graunz, ich will hier raus! Hilfe, hörtmichdennkeiner!“ Ja, eine Katzequälerei, und zwar eine besonders heimtückische, hat mich in den letzten Tagen heimgesucht und weit über den Rand der Verzweiflung gebracht.Da steckte ich also in einem Loch, einem Blogloch gewissermaßen, und wie sollte ich nun wieder herausfinden? Es war so dunkel hier, und eng. Das Verließ maß in der rechteckigen Grundfläche etwa etwa 210 × 297 mm, – das entsprach einem Seitenverhältnis von 1 zu Wurzel aus 2, und ich konnte mich kaum drehen und wenden. Die Wände des Gefängnisses waren franselig und knisterten und raschelten, sie waren aus Papier und wollten mich schier erdrücken.
Wie war ich da bloß hineingeraten?
Das verhielt sich nämlich so: Den Menschen eignet die merkwürdige Gewohnheit, die Vorgänge des täglichen Lebens mithilfe von bürokratischen Instrumenten zu erfassen, und nicht umsonst gilt von alters her das Sprichwort:
„Von der Wiege bis zur Bahre:
Formulare, Formulare!“
Einen ganzen Stapel Formulare schickte mir jüngst eine dieser Behörden, mit denen ein veritabler Kater gewöhnlich nichts zu schaffen haben möchte, zu: „Antrag auf den Antrag eines Antragsformulars“, „Durchschrift zur Vorlage bei der Abteilungsinspektion“, „Beiblatt C zu Erfassung der Notwendigkeit der Zusendung des Anlagebogens C zur
Beurteilung einer korrekten Auskunft in den Spalten X, Y, Z, Anlage 23, Abs III. (Vom Arbeitgeber auszufüllen)“etc., etc. pp …
Das war ein Ach & Weh! Und ich mußte, das war mir das Schlimmste, alle Sedimentschichten meines jahrzehntelang geübten kätzischen Ablagesystems durchforsten, nach Belegen, Beweisen, Beurkundungen. Und außerdem, das allerärgste, ich mußte meinen lieben, alten Scheffboss noch einmal besuchen und ihm seinen ihm rechtlich zufallenden Anteil an der Fragewut zukommen lassen, mit der geflissentlichen Bitte, mit der Verbeantwortung nicht allzulang zu säumen…
Aus der Bruno-Lösche-Bibliothek besorgte ich mir Fachliteratur:
„Die Kunst des Formularfüllens nebst eingehender Beobachtung des Widerspruchswesens“,
„Form & Klar“ (Zeitschrift der Freunde des hiesigen Formularwesens),
„Kreative Formulargestaltung“,
hilfreiche Texte, drin alles stand, und doch wollte alles nicht
fruchten, eine Schreibblockade fror meine Tatzen ein, wen kümmerte es, daß die Sonne schien,daß Regen fiel und die Blümelein wachsen ließ, daß diverse Blogs täglich mit neuem Content die lb. LeserInnenschaft erfreuten, daß jeden Morgen der Zeitungsbote kam, es mußte erzwungen und errungen werden, der Abgabetermin rückte näher, der Amtsschimmel wartete wiehernd auf Weiterbearbeitung.
Am Mittwoch dann, am frühen Morgen, (für die Nacht hatte ich ein Camp aufgeschlagen auf Formblatt D 005/II.2003) wagte ich mich dann an den Aufstieg zum Gipfel des Formulargebirges. An einer besonders steilen Stelle griff ich haltsuchend nach dem „Erläuterungsblatt für Antragsteller mit geringem Einkommen“, mein Fuß rutschte vom Formblatt „Widerspruchsbelehrung“ ab, und ich stürzte in diese fatale Spalte, die mich dann auf Tage gefangen hielt.
Hier fand ich denn allerdings meine ganzen Unterlagen wieder, Geburtsurkunde, Zeugnisse, mein Mathe-Diktat aus der 7. Klasse, meine selbstgemalte Comicsammlung und anderes.
Ach was war es dunkel hier und staubig, und einmal stieg mir ein Stäublein in die Nase, und ein „HATSCHI!!!“ brachte den Raum, die Wände und den ganzen Papierstapel zum Erzittern und zum Einsturz.
Nun war ich also frei, mit schwungvoller Geste signierte ich das langwierig-langweilige Machwerk und brachte es stante pede auf die Post.
Mein zweiter Blick galt nun den Blogs, den Seiten der vermeintlichen Freunde und Bekannten, wie sie die lange katerlose Zeit wohl überstanden… Doch was mußte ich sehen? Eine Schande das: In aller Öffentlichkeit, ohne jegliche Scham, wird Stimmung gemacht gegen das Katzenwesen, es wird sich lustig gemacht, ja ein „Herr“ entblödete sich gar, zu bekennen, er sei ein „Hundefreund“. Meine Damen und Herren: So geht das aber nicht. (Die Humanität macht schließlich vor der Katze nicht halt!)
„Die Kunst des Formularfüllens nebst eingehender Beobachtung des Widerspruchswesens“,
also diesen Spruch muss ich mir unbedingt aufschreiben und demnächst irgendwie in mein Hausfrauenleben einbauen..
genial…
Aber ich muß Dich warnen: Laß Dich am Besten gar nicht erst auf Formulare ein, nicht mal zum Schein!
„Von der Wiege bis zur Bahre: Formulare, Formulare!“ – den muss ich mir merken! 🙂
Das ist aber nicht von mir, hab aber in meiner Verzweiflung vergessen, wo ich´s aufgeschnappt habe…
gilt aus „deutsches Sprichwort“.
Hat auch mal jemand ein Buch so genannt, aber der hat auch nur zitiert…
ja lieber Murr, ich verstehe dich ja so gut.
Ich fand dein blogloch als ich mich gerade aus einem ebensolchen Stapel Papiere verschiedenster Herkunft hervorgewühlt – hilfe, meine Stauballergie kröchkröchnies kröchnies, ich glaub ich muß im Garten meine Lunge lüften gehen. Das machst du besser auch, es droht dir eine Staublunge. Und vielleicht findest du ja ein Mäuschen. Die sollen hier reichlich herumlaufen.
Nen Garten gibt´s hier leider nicht, nur Mülltonnen im Hof.